Eine Geschichte von Helene Wildenberg – veröffentlicht am 28. Februar 2020
Die Nachkriegszeit in den 1920er Jahren war hart. Politische Unruhen, Revolution, Inflation. In dieser schweren Zeit hatten sich meine Eltern um eine Zuteilung eines Hauberggrundstückes beworben. Dieses bekamen sie auf dem Heidenberg. Allerdings musste das Grundstück noch urbar gemacht, also die Wurzelstöcke entfernt und der Ackerboden umgegraben werden. Das war eine harte Arbeit. Die Hälfte dieses Grundstückes wurde eingesät mit Roggen und auf der anderen Hälfte wurden Kartoffeln gepflanzt.
Schön war die Erntezeit, wenn wir Kinder mit der Mutter den steilen Heidenberg hinaufgingen und im Einkaufskorb Butterbrote und Kaffee mitnahmen. Die Mutter erntete die Kartoffeln, wir Kinder spielten im Hauberg oder halfen Kartoffeln auflesen, abends kam der Vater mit dem Bollerwagen, den er sich bei unserer Oma ausgeliehen hatte, und wir fuhren fröhlich mit dem Ernteertrag nach Hause.
Der Roggen wurde mit einer Sichel abgemäht, gebündelt und als Kornritter aufgestellt. Der Landwirt August Henk aus der Wiesenstraße fuhr den Roggen zur Dreschmaschine nach Achenbach, die Körner des Roggens wurden zur Mühle gebracht, und von dem Mehl backte die Mutter Brot. So sind wir gut über die Kriegs- und Inflationszeiten gekommen. Wir Kinder hatten eine sehr schöne Jugend. Den Eltern vielen Dank dafür!
Helene Wildenberg erinnert sich an ihre Kindheitstage in den 1920ern. In dieser Zeit bewirtschafteten ihre Eltern ein Haubergsgrundstück auf dem Heidenberg. Dieses für die landwirtschaftliche Zwischennutzung urbar zu machen, war mit vielfältigen Arbeitsschritten verbunden. Dass davon viele Tätigkeiten und frohe Brotzeiten seit Generationen fest in der Siegerländer Haubergskultur verwurzelt sind, davon vermitteln u.a. die Bilder von Heinrich Bruch einen Eindruck: Gemeinsam mit seiner Familie ist er in den 1990er Jahren in Netphen-Irmgarteichen in den historischen Hauberg „gereist“ und hat dabei vielfältige traditionelle Aktivitäten fotografisch in Szene gesetzt. Foto 1: Eva-Nadine Wunderlich, Fotos 2-5: Heinrich Bruch
Eine Exkursion in die Siegerländer Haubergskultur
Vielen Dank an den Förderverein Historischer Hauberg Fellinghausen e.V. für die Informationen:
Unter der Haubergswirtschaft versteht man eine traditionelle Art der Niederwaldwirtschaft. Im Niederwald wachsen die Bäume nach dem Einschlag aus dem Wurzelstock wieder aus.
Da die Bäume im Niederwald meist schon nach ca. 20 Jahren gefällt werden, wachsen sie nicht besonders hoch, deshalb „Niederwald“. Die Bäume im Hauberg wurden früher mit der Axt abgehauen, um eine glatte Trennfläche zu bekommen, die ein Austreiben besonders förderte (deshalb Hauberg). Die traditionelle Haubergswirtschaft ist eine sehr intensive Bewirtschaftungsform des Waldes und bedarf deshalb einer genauen Reglementierung.
Die ersten Regeln für die Haubergsnutzung wurden bereits im 16. Jahrhundert aufgestellt. Danach darf nur so viel Holz gehauen werden wie auch nachwachsen kann (der Nachhaltigkeitsgedanke war geboren). Die Fläche einer Haubergsgenossenschaft wird z.B. in 20 gleich große Teile aufgeteilt. Jedes Jahr wird eine dieser Teilflächen abgeholzt, sodass nach 20 Jahren wieder auf der ersten Fläche Holz geerntet werden kann. So wird jede Teilfläche nach 20 Jahren wieder genutzt. Damit hat der Wald Zeit, sich nach jeder Nutzung zu erholen.
Quelle: www.fhhf.de, Internetpräsenz des Förderverein Historischer Hauberg Fellinghausen e.V.
Tipp:
Viele weitere spannende Einblicke rund um die im Jahresverlauf anfallenden Arbeiten finden sich in der Broschüre „Historische Haubergswirtschaft in Kreuztal-Fellinghausen“. Ob Schanzen machen, Lohschälen, Buchweizen- oder Roggenanbau … der informative Ausflug in die Siegerländer Haubergs-Tradition kann als PDF (3,24 MB) hier heruntergeladen werden.
Autor: Helene Wildenberg
Helene Wildenberg, geboren am 23.04.1914 in Siegen (Numbach), begann 1946 als Sekretärin in der damaligen Bauschule für Wasserwirtschaft, Kultur- und Tiefbau und für Hochbau zu arbeiten. Die Bauschule ging später in die Ingenieurschule für Bauwesen und letztendlich in die Universität Siegen auf. Für ihr Engagement bei der Umwandlung von der Bau- zur Hochschule erhielt sie 1974 die Bundesverdienstmedaille.
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